Prof. Julia Knopf im Dialog mit dem Schreibmotorik Institut Februar 2017
„Freude am Schreiben“ – Didaktische Ansätze für das Schreibenlernen in der Lehrerausbildung
Eine Hauptaufgabe von Deutschlehrkräften in der Grundschule ist es, Kindern das Schreiben und Lesen beizubringen. Laut aktuellen Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz für die Primarstufe sollen Kinder bis zum Ende der vierten Klasse eine lesbare und flüssige Handschrift entwickeln. Umfragen unter Lehrkräften machen aber deutlich, dass sich viele Lehrkräfte mehr didaktisches Grundlagenwissen und praktische Vorbereitung wünschen, insbesondere wenn es zu Problemen beim Schrifterwerb oder Schwierigkeiten bei der Weiterentwicklung der Handschrift kommt. Ein Interview mit Prof. Julia Knopf, Leiterin des Lehrstuhls für Fachdidaktik Deutsch an der Universität des Saarlandes, über Ziele des Schreiblernunterrichts und die Vorbereitung von Studierenden auf die Unterrichtspraxis.
Was sind die zentralen Themen des Schreiblernunterrichts?
Die bildungstheoretischen Grundlagen geben die Themen ganz klar vor: Im Schriftspracherwerb geht es unter anderem darum, den Kindern Schreibfertigkeiten zu vermitteln, also z.B. um die Entwicklung schreibmotorischer Kompetenzen. Dazu braucht es qualitativ hochwertige Übungen. Im weiterführenden Schreibunterricht spielt dann vor allem das prozessorientierte Vorgehen eine wichtige Rolle, das heißt: Nicht nur das Schreibprodukt ist wichtig, sondern vor allem auch die Planung und die Überarbeitung der Texte. Dazu müssen wir die Kinder befähigen, schon ab der 1. Klasse.
Eine deutschlandweite Umfrage unter Lehrkräften an Grund- und weiterführenden Schulen hat gezeigt, dass viele Schüler Schwierigkeiten haben, bis zum Ende der vierten Klasse eine flüssige und lesbare Handschrift zu entwickeln. Worauf sollten Lehrkräfte achten, um alle Kinder optimal zu fördern?
Es gibt zahlreiche Unterrichtsmaterialien, die dieses Thema bewusst in den Blick nehmen und abwechslungsreiche Übungen anbieten. Wichtig ist aber meiner Meinung nach darüber hinaus die individuelle Beobachtung aller Kinder. Jedes Kind geht seinen eigenen Weg bei der Entwicklung einer flüssigen und lesbaren Handschrift und braucht gezielte Unterstützung. Das ist eine große Herausforderung, zumal die Anforderungen an die Lehrkräfte kontinuierlich ansteigen. Wir versuchen daher, schon die Studierenden an der Universität intensiv darauf vorzubereiten.
Welche Rolle spielen die Didaktik des Schreiblernunterrichts und die Schreibmotorik derzeit in der Lehrerausbildung?
Ich kann nur für die Lehrerausbildung im Saarland sprechen. Hier haben wir im Rahmen unseres neuen Studiengangs „Lehramt Primarstufe“ verpflichtende Lehrveranstaltungen zu diesen Themen implementiert. Die Studierenden können sowohl Seminare an der Universität besuchen als auch an Praxisseminaren wie „Fit in Deutsch“ teilnehmen und dort ihr Wissen anwenden und überprüfen. Gerade diese Kombination aus Theorie und Praxis führt zu einem unglaublichen Mehrwert. Das spiegeln uns Studierende wie auch die Lehrkräfte immer wieder.
Wie sieht Ihre Zukunftsprognose für den Schreiblernunterricht aus?
Das Schreiben ist eine unserer Kulturtechniken, die immer eine große Rolle im Deutschunterricht spielen wird. Wir Erwachsene sollten uns darüber bewusst sein, dass auch wir den Kindern als Schreibvorbilder dienen und Freude am Schreiben haben müssen. Nur dann schafft man es meiner Meinung nach, auch die Kinder immer wieder aufs Neue für das Schreiben zu begeistern.
Kurzvita:
Universitätsprofessorin Dr. Julia Knopf hat an der Universität Bayreuth Lehramt für Grundschulen mit dem Hauptfach Germanistik und den Erweiterungsstudiengang Deutsch als Zweitsprache an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und München studiert. Nach Abschluss des Studiums absolvierte sie parallel zu ihrer literaturdidaktischen Promotion das Referendariat an einer bayerischen Grundschule. Als wissenschaftliche Assistentin an der Universität Bamberg widmete sie sich im Anschluss insbesondere grammatik- und mediendidaktischen Fragestellungen. Vor ihrer Berufung an die Universität des Saarlandes im Jahr 2012 (Lehrstuhl Fachdidaktik Deutsch Primarstufe) vertrat sie einen Lehrstuhl für Sprachwissenschaft und Sprachdidaktik an der Universität Erfurt. Julia Knopf ist Gründungspartnerin der Firma KLEE (Dr. Knopf und Dr. Ladel Partnerschaft), die sich auf die professionelle Entwicklung und Zertifizierung digitaler Lehr- und Lernmaterialien spezialisiert hat. Sie ist ferner Autorin zahlreicher wissenschaftlicher Abhandlungen, hält regelmäßig Vorträge und Lehrerfortbildungen und ist Projektleiterin zahlreicher Theorie-Praxis-Projekte (z.B. „Fit in Deutsch“). Gegenwärtig widmet sie sich insbesondere digitalen Lehr- und Lernprozessen im Deutschunterricht der Primarstufe.
Schreibmotorik Institut und Deutscher Lehrerverband: Deutschlandweite Umfrage unter Lehrkräften 2015